Ostseeplatz

Wohnpalast am Ostseeplatz

Ein Ort mit Geschichte

Historische Aufnahme vom Wohnpalat am Ostseeplatz in Schwarz-Weiß

Der Wohnpalast am Ostseeplatz wurde 1954 im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks der DDR fertiggestellt. Er ist ein wichtiges Zeitdokument in einem Stadtgebiet, an dem die Entwicklung des Berliner Massenwohnungsbaus seit dem 19. Jahrhundert ablesbar ist. Als Gegenentwurf zu den engen Mietskasernen der Kaiserzeit, die das Stadtbild von Prenzlauer Berg innerhalb des S-Bahn-Rings prägen, plante Bruno Taut die 1928 bis 1930 erbaute Wohnstadt „Carl Legien“ an der Erich-Weinert-Straße. Licht, Luft und Sonne sollten in die locker gruppierten, farbenfrohen Wohnblocks strömen, die heute zum UNESCO-Welterbe zählen.

Die 1949 gegründete DDR reagierte auf den Kleinwohnungsbau der Weimarer Republik mit der Planung erheblich großzügigerer Wohnpaläste für Arbeiter nach sowjetischem Vorbild. Mit der Welterbe-Siedlung „Carl Legien“ durch die Gubitzstraße verbunden, entstand ab 1953 der „Wohnkomplex Ostseestraße“, zu dem auch der Block am Ostseeplatz gehört. Während der Bauzeit änderte sich die ideologische Ausrichtung des staatlich gelenkten Wohnungsbaus: Nach Stalins Tod wurden Wohnpaläste als dekadenter Luxus verworfen. Beschleunigung, Rationalisierung und Typisierung sollten die Effizienz des Wohnungsbaus steigern. An der Ostseestraße nahm das erste Betonplattenwerk für den Wohnungsbau in Berlin seine Arbeit auf. Auf der Rückseite des Wohnpalastes stehen Wohnhäuser und ein Kindergarten, die ab 1961 in Großplattenbauweise entstanden.

Denkmalreparatur in Handarbeit

Großzügige Wohnungen in repräsentativer Architektur zeichnen den Wohnpalast der Stalinzeit aus, den die Gewobag von 2013 bis 2015 in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege modernisiert hat. Dadurch wurden nicht nur 116 attraktive Mietwohnungen technisch auf den neuesten Stand gebracht, sondern es wurde auch ein Denkmal der frühen DDR-Jahre für die Zukunft gesichert.

Blick vom Ostseeplatz auf den frisch sanierten "Wohnpalast"
Blick vom Ostseeplatz auf den frisch sanierten „Wohnpalast“

Mit seiner rund 200 m langen, neoklassizistisch gegliederten Hauptfront gibt der Wohnpalast dem Ostseeplatz eine einheitliche Fassung und setzt einen städtebaulichen Akzent an einer der Hauptverkehrsstraßen um das Stadtzentrum. Die palastartige Schauseite des Wohnblocks befand sich vor der Sanierung in einem maroden Zustand: An der baufälligen Attika fehlte der Putz, Fassade und Balkone waren mit den Jahren löchrig geworden.

Vor ihrer Reparatur wurden die Schäden kartiert und eine restauratorische Farb- und Materialuntersuchung vorgenommen. Nach Rücksprache mit der Unteren Denkmalschutzbehörde konnte die bauzeitliche Ausführung bewahrt werden: Mit traditionellen Handwerkstechniken wurden die Lücken im materialsichtigen Putz geschlossen. Dabei war viel Fingerspitzengefühl gefordert, um den Reparaturputz mit Zement, Filterkies, Quarzsand und Farbpigmenten so anzumischen, dass nach der Reparatur wieder ein einheitlicher Eindruck entstehen konnte. Zum Schluss wurde eine Lasur aufgetragen, um Alt- und Neuputzflächen farblich aneinander anzugleichen.

Balkone vor und nach der Sanierung
Balkone vor und nach der Sanierung

Sechs Balkonbrüstungen waren schon in den 1980er Jahren so marode, dass sie seinerzeit durch schlichte Metallkonstruktionen ersetzt wurden. Diese Notlösungen mussten weichen, um das ursprüngliche Erscheinungsbild wiederherzustellen. In Handarbeit wurden die aufwändig gestalteten Balkonbrüstungen aus Beton und Putz neu geschaffen.

Bühne frei für Henselmann

Der Block am Ostseeplatz und der sozialistische Wohnkomplex werden gelegentlich als „Henselmannblock“ und „Henselmannviertel“ bezeichnet, doch sichere Belege für eine Zuschreibung an den DDR-Stararchitekten Hermann Henselmann gibt es nicht.

DDR-Stararchitekt Hermann Henselmann (rechts) am 15. September 1954 auf der Baustelle am Ostseeplatz, Bundesarchiv
DDR-Stararchitekt Hermann Henselmann (rechts) am 15. September 1954 auf der Baustelle am Ostseeplatz, Bundesarchiv

Während der Bauzeit amtierte Henselmann als Chefarchitekt von Berlin. Er war mit dem Projekt vertraut und nutzte es am 15. September 1954, also kurz nach Fertigstellung des Wohnpalastes, als Bühne für einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt. Vor Bauarbeitern legte er einen Rechenschaftsbericht über seine Tätigkeit als Chefarchitekt ab. Die Presse berichtete darüber. Mit der Wahl des Ortes demonstrierte Henselmann, dass er sich um die Nöte der Bauarbeiter und auch um andere Projekte als die Stalinallee kümmerte. Doch nirgendwo ist dokumentiert, dass Henselmann selbst Gebäude an der Ostseestraße entworfen hat. Presseberichte und Fotos von der Baustelle deuten auf ein Entwurfsbüro des Berliner Magistrats als Urheber hin. In einem Artikel der Fachzeitschrift „Deutsche Architektur“ wird 1955 der Architekt Harry Wenzel als „Projektant“ des Wohnkomplexes an der Ostseestraße genannt. Über sein Schicksal ist bisher nichts Näheres bekannt.

Energetische Sanierung

Balkonsanierung | Blick in ein saniertes Bad
Balkonsanierung | Blick in ein saniertes Bad

Eine Wärmedämmung der Fassaden hätte das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt, doch konnten durch eine ganze Reihe von Maßnahmen der Energieaufwand gesenkt und der CO2-Ausstoß um ca. 700 t pro Jahr reduziert werden. Das Gebäude erhielt neue Fenster mit Isolierglasscheiben. Es handelt sich um Holzfenster, bei denen die Profilstärken der Flügel- und Rahmenhölzer exakt den alten Maßen entsprechen, um das Erscheinungsbild der Fassade zu wahren. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz wurde auf der Hofseite ein gut erhaltener Strang der Originalfenster als Belegachse belassen.

Unter dem abgedichteten Dach war im Kriechboden Platz für das Einblasen einer Dämmschicht aus Zellulose. Zuvor musste der Kriechboden mühsam von Schmutz befreit werden. Die Kellerdecke wurde mit Mineralwolle gedämmt. Gasthermen aus DDR-Jahren verschwanden aus den Wohnungen, das gesamte Gebäude ist jetzt ans Fernwärmenetz angeschlossen. Zu diesem Zweck wurde im Keller eine Übergabestation gebaut.

Moderner Wohnkomfort

Frisch sanierte Treppenhäuser
Frisch sanierte Treppenhäuser

Treppenhäuser und Wohnungen wurden in den ersten Jahren der DDR großzügiger berechnet als später, die Grundrisse sind daher heute noch attraktiv und blieben unverändert. Ein freundlicheres Farbkonzept ersetzte in den Treppenhäusern das aus den 1980er Jahren überlieferte Grau in Grau. Die Müllschächte aus der Bauzeit waren bereits stillgelegt.

Um modernisieren zu können, mussten die Mieter für die Dauer der Bauzeit aufgangsweise umziehen. Dabei wurden sie von Gewobag-Mitarbeitern umfassend beraten und unterstützt, die Kosten wurden vom Vermieter übernommen. Viele Mieter blieben in den Umsetzwohnungen der Gewobag, um sich einen weiteren Umzug zu ersparen. Etwa 40 % kehrten in den Wohnpalast zurück, 60 % der Wohnungen wurden neu vermietet.

Neu gestaltete Außenanlagen
Neu gestaltete Außenanlagen

Auf der Rückseite des Gebäudes finden die Mieter jetzt zwei Sitzgruppen mit Tischen und Bänken, eine Tischtennisplatte, einen Sandkasten mit Rutsche und Fahrradbügel an den Aufgängen vor. Wege hinter dem Haus wurden repariert und teilweise neu angelegt, die Bepflanzung der Hofseite neu gestaltet.

Mehr Informationen im Gewobag-Flyer „Der Wohnpalast am Ostseeplatz“

Weitere Informationen zur Modernisierung